Das zentrale Interesse während meines Aufenthalts in Athen galt der Entwicklung, Strukturierung und möglichen Darstellungsform meines dort entstehenden fotografischen Archivs.
Die Stadt Athen bildete den thematischen Zusammenhang für den Versuch das Archiv als Archiv sichtbar zu machen und als wesentlichen Bestandteil der Form meiner künstlerischen Arbeit zu kennzeichnen.
In der bisherigen Praxis dienten einzelne Bilder meines Archivs als Grundlage für Gesamtinstallationen, die aus Prints, bedruckten Materialen, Raumeingriffen etc. bestanden. Bilder wurden dekontextualisiert, neu zusammengesetzt und mit anderen Medien im Raum angeordnet. Zusätzlich zu dieser Arbeitsweise hat sich in letzter Zeit das Bedürfnis entwickelt nicht nur Extrakte aus dem Archiv zu nutzen, sondern es selbst zum Gegenstand meiner Arbeit zu machen. Bilder fristen ihr Dasein auf Festplatten, ganze Kontexte bleiben unsichtbar und nur für mich ersichtlich. Gigabytes werden von mir immer wieder neu kategorisiert, zusammengefasst und nach neuen Prioritäten, neuen Dringlichkeiten sortiert. Wie können diese Ordnungsvorgänge, diese sich neu ergebenden Akzentuierungen ebenfalls Teil der Präsentation, des Formats werden?
Die in Athen entstandene Parallelität von privater und künstlerischer Bildproduktion, von komponiertem Einzelbild, seriellen Abfolgen und Videosnippets war geprägt durch ein ständiges ‚Unterwegs-sein‘ in einer Stadt, deren Erscheinungsbild maßgeblich durch die gesellschaftlichen und strukturellen Umwälzungen der letzten Jahre beeinflusst wurde und deren Grundsubstanz aber eine 7500 Jahre alte Geschichte bildet.
Die 4-wöchige, auftragsfreie Residenzzeit in Athen folgte keiner grundsätzlichen dramaturgischen Frage, sondern eher einer suchenden, sich einen Raum erschließenden Bewegung. Orientierung und Desorientierung, Zentralität und Peripherie bestimmten meinen Alltag.
Ausgehend vom entstandenen Material hat sich durch eine simple Beobachtung eine erste Strategie in Bezug auf die Darstellbarkeit des Archivs ergeben: das multimediale Material wird über ein konkretes Interface täglich für mich als Archiv sichtbar: über den Bildschirm, den Arbeitsbereich meines Rechners. Der abgefilmte Computerbildschirm wird zum Fenster und damit zum Zugang zu Ordnerstrukturen. Fenster werden geöffnet, Bilder als flow runtergscrollt, Hintergründe verändert, found footage miteinbezogen und eigenem Bildmaterial gegenüber gestellt. Es gibt kein Anfang und kein Ende, die arrangierende Computerhand führt durchs System. Die Ordnung und Präsentation der Bilder und Videos stehen im Vordergrund und eröffnen dem Rezipient_innen so ihre Verbindung untereinander, schaffen Kontexte und ermöglichen den Zugang zu dahinterliegenden (Entstehungs-)Geschichten.
Ziel für die nächste Zeit ist es, diese Arbeitsweise zu vertiefen und entwickeln. Die vielschichtige, ähnlich wie ein Labyrinth beschaffene Stadtstruktur Athens steht hierbei weiterhin im Fokus meines Interesses. 2018 werde ich erneut in Athen unterwegs sein.